Margarete-Schuette-Lihotzky Biographie | Zum Zeitpunkt ihres ersten Preisgewinns war Grete Lihotzky gerade mal 20 Jahre alt und im dritten Jahr ihres Architekturstudiums an der Hochschule für angewandte Kunst Wien. Ihr Entwurf für eine Arbeiterwohnung hatte ihren ersten Preis im Wettbewerb gewonnen.

Auf Empfehlung ihres Professors hatte die Tochter einer wohlhabenden und gebildeten Familie die miserable Arbeiterunterkunft besucht und das Elend – sieben bis acht Menschen lebten am Ende des Ersten Weltkriegs in einem Zimmer unter entsetzlichen sanitären Bedingungen – und sie selbst miterlebt war bewegt, darüber zu schreiben.
Diese Erfahrungen haben sie geprägt und sie hat diese Einstellung für den Rest ihres Lebens beibehalten.
Mit ihrem abgeschlossenen Architekturstudium absolvierte sie mit 22 Jahren als erste Frau in Österreich eine Anstellung bei Alfred Loos, dem Chefarchitekten des Städtischen Siedlungsamtes.
Ein Prototyp der „Siedlerhütte“, ein komplett aus Holz gebauter Kubus mit einer Seitenlänge von 4,5 Metern, wurde von ihr entwickelt, in dem sie alle wesentlichen Möbel unter effizienter Nutzung des verfügbaren Raums unterbringen konnte.
Es war diese Baracke, die Tausenden von Flüchtlingsfamilien nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sowie der großen Zahl von Arbeitslosen, die seit der Wende vom Land in die Stadt auf der Suche nach Arbeit abwanderten, die erste akzeptable Unterkunft bot des Jahrhunderts.
Nach dem Tod ihrer Eltern zog sie 1926 nach Frankfurt am Main, wo sie auch vom Stadtplaner Ernst May beauftragt wurde, Innovationen im Massenwohnungsbau für die Arbeiterklasse zu entwickeln.
Für berufstätige Frauen interessierte sie sich besonders für zeit- und platzsparende Einrichtungsgegenstände, die die Hausarbeit überschaubarer machten, und ihre „Frankfurter Küche“ gilt als die ultimative Einbauküche der Architekturgeschichte.
Sie wurden von ihrem bekannten deutschen Kollegen Bruno Taut mit türkischen Kunden bekannt gemacht und konnten nach einer kurzen Übergangszeit in Paris Geschäfte in der Türkei machen.
Dort meldete sich Lihotzky, der inzwischen Mitglied der Kommunistischen Partei war, der österreichischen Guerillabewegung an.
In verdeckter Mission, um Kontakt zu ihren Landsleuten aufzunehmen, reiste sie im Dezember 1940 nach Wien.
Sie wurde nach Verrat durch einen Spitzel inhaftiert, wochenlang verhört, monatelang in Einzelhaft gehalten und schließlich als „Hochverräterin“ verurteilt in ein Frauengefängnis in Bayern transportiert, aus dem sie erst 1945 von den Amerikanern entlassen wurde.
Nach dem Krieg schrieb sie ihre Erlebnisse in ihren Memoiren aus dem Widerstand nieder, die danach veröffentlicht wurden.
Sie kehrte während des Krieges in die elterliche Wohnung nach Wien zurück, hatte aber als Kommunistin nur begrenzte Möglichkeiten, in Regierungsgremien mitzuwirken. Internationale Bekanntheit erlangte sie durch ihre Tätigkeit in Kuba und der DDR sowie durch ihr aktives Engagement in den Antikriegsbewegungen.
Erst in den 1980er Jahren erlangte sie Anerkennung im eigenen Land, erhielt vier Ehrendoktorwürden, trat in Fernsehen und Radio auf und widmete ihrem Lebenswerk in den 1990er Jahren eine Retrospektive im Museum für angewandte Kunst in Wien.
„Menschen werden wieder mehr in großen Gruppen, Wohngemeinschaften oder Haushalten zusammenleben“, glaubte sie und forderte die Etablierung eines „Grundrechts auf menschenwürdiges Wohnen für alle“. Auch mit 100 Jahren interessierte sie sich für die Tagespolitik und hatte Visionen für die Zukunft.
Im darauffolgenden Jahr wurde sie in Wien gefasst und zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, die sie bis Kriegsende im Frauengefängnis Aichach (Bayern) ableistete.
In Sofia (Bulgarien) kehrte sie nach einer kurzen Unterbrechung im vorangegangenen Sommer im März 1946 als Planerin für Kindergärten und Krippen zurück.
Nach ihrer Rückkehr nach Wien hatte sie während des Kalten Krieges aufgrund ihres Rufs als Kommunistin Schwierigkeiten, Arbeit zu finden.
Von Anfang der 1960er bis Ende des Jahrzehnts arbeiteten sie an vielen Umbauten und zwei Wohnanlagen sowie einem städtischen Kinderheim.
China, Moskau und Kuba gehörten zu ihren Studien- und Konferenzaufenthalten, dort erstellte sie 1962 für das kubanische Bildungsministerium eine Entwurfstheorie für Kindereinrichtungen.
Ihre Arbeit mit der DDR an der Ost-Berliner Bauakademie begann 1966, als sie für diese eine vergleichbare Studie durchführte. Österreichs „Baukastensystem für Kindertagesstätten“ war das Abschlussprojekt ihrer Architektenkarriere.
Neben weltweiten Ausstellungen und Seminaren sowie zahlreichen Publikationen förderte S. die Konzepte der Moderne, die sie als eine der ersten Architektinnen Europas mit besonderer Legitimität vertrat.

Nachdem sie seit 1977 mehrere Auszeichnungen erhalten hatte, war sie 1993 Gegenstand einer großen Ausstellung in Österreich. Sie wurde als Repräsentantin sozialer Architektur im Museum für angewandte Kunst in Wien geehrt, wo sie ausgestellt wurde.